Prag Ostersamstag
Smichow 586
Lieber Freund! Ihr schöner Nekrolog auf die hohe Frau hat mich aufs tiefste gerührt. Es ist ein der Fürstin würdiges Denkmal, das Sie ihr damit in lapidarem Stile gesetzt haben. Ich danke Ihnen vielmals dafür. Ich häte es gewiß so schön und würdig nicht zu Stande gebracht.
Ich will Ihre Anordnungen wegen des Druckes befolgen und das Ganze auf 4 Seiten vertheilen. Nur den Nekrolog dem Ergänzungsheft voranzustellen, werde ich mich kaum entschließen können. Sie werden auch kaum auf diesem Wunsch bestehen, wenn ich Ihnen sage, daß ich das 3. Heft sobald als möglich dem Ergänzungsheft folgen lasse; vielleicht noch [En]de Mai, sicher Anfangs Juni. Es will mir scheinen, als ob der Nekrolog mehr Wirkung thäte, wenn er im richtigen Verlauf des Jahrgangs erscheint, als in einem Sonderheft, das vielleicht doch einzelne Leser nicht zur Hand nehmen, das in einzelnen Bibliotheken gesondert gebunden [wi]rd, das daneben – außer Ihrem Wielandaufsatz gar nichts Darstellendes, gar nichts Verarbeitetes enthält, sondern lauter kahle nackte Briefe. Ja, Birkens u. Neumarks Briefe, die ich von Burckhardt, dem Weimarer Archivar in einer unvorsichtigen Stunde angenommen habe, machen mir das Heft sogar verhaßt. Ich habe sie schon zweimal durchcorrigirt u. immer noch wimmeln sie von Unsinnen. Er schrieb ruhig:
brunnmäßigt (für beunmüßigt)
anketten statt antretten
u. so fort. Ein größerer Trottel existirt auf Gottes Erdboden nicht. Dagegen glaube ich wird das nächste Heft ganz hübsch. Sollte aber gegen mein Erwarten eine arge Verzögerung eintreten, so kann ich den Nekrolog noch immer in letzter Stunde dem Ergänzungsheft vorschieben.
Nagls Machwerk, die elende Zeidlerei hat in mir den Entschluß zur Reife gebracht, die Beilage der öst. Lit. Gesch. zum Euphorion nicht zu dulden, selbst auf die Gefahr hin, daß dieser zu Grunde gienge. Daß Jemand [dur]ch diese Weise ein Buch zusammenstoppeln, zusammenstückeln könne, war mir unerfindlich. Gelesen habe ich es noch nicht, nur das Leseblatt angesehen. Ich hoffe: Fromme erweist sich als verständig genug um das Gute und schlechte von einander zu scheiden. Kämpfe wird’s freilich geben. Aber daran bin ich schon gewohnt.
GMayers Schicksal geht mir recht nah. Er war mirwenigstens ein [se]hr guter Kamerad; wenn er auch zum Freunde nicht das Zeug hatte.
Tausend Dank für die rasche Erfüllung meiner Bitte. Vielleicht kann ich Ihnen einmal einen Gegendienst leisten.
Treulichst Ihr
AS.
weiter auf S. 1 Abzüge auf besseren Papier etc. hoffe ich Ihnen liefern zu können.